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Somebody in New York Loves Me

  • Ramaya Tegegne

Die Ausstellung is von Balthazar Lovay kuratiert

“Was sagt der Zusammenhang zwischen Neocortexgrösse und Gruppengrösse bei Primaten über uns Menschen aus? Wir sind Primanten wie all die anderen. Nach neueren molekularbiologischen Befunden über die Ähnlichkeit des genetischen Materials sind Schimpansen und Menschen miteinander sogar enger verwandt als jeder von ihnen mit dem Gorilla, ihrem nächsten Vetter unter den Primaten. Und da der Zusammenhang zwischen Gehirn- und Gruppengrösse bei den Schimpansen anscheinend genau zutrifft, sollte man das gleiche auch für den Menschen erwarten. Mit welcher Gruppengrösse können wir beim Menschen rechnen? Das Volumenverhältnis des Neocortex zum übrigen Gehirn beträgt bei uns 4:1, und wenn man diesen Wert in das Diagramm einträgt, ergibt sich für die vorhergesagte Gruppengrösse eine Zahl von ungefähr 150. Das stösst natürlich zunächst einmal auf Ungläubigkeit. Die Menschen leben in Städten wie Tokio, London, New York oder Kalkutta, wo mehr als zehn Millionen von ihnen zusammengedrängt sind. Kann eine so kleine Zahl wie 150 stimmen? Überlegen wir einmal, auf was für Gruppen sich der in der Abbildung gezeigte Zusammenhang bezieht. Primanten leben in kleinen Gruppen, in denen jeder jeden kennt, wenn auch nicht unbedingt durch näheren Umgang, so doch zumindest vom Sehen. Die Menschen haben zwar mit ihrem Erfindungsreichtum riesige Ballungsgebiete geschaffen, aber das bedeutet nicht, dass alle, die dort leben, einander sozial nahestehen. Die allermeisten Bewohner von Tokio oder New York leben und sterben, ohne einander auch nur wahrzunehmen. […]

Die Soziologen wissen schon seit langem, dass der einzelne nur einen begrenzten Bekanntenkreis hat. Selbst in einer mittelgrossen Stadt kennt jeder nur einen winzigen Bruchteil seiner Mitbewohner vom Sehen oder mit Namen; und noch weniger Menschen kennt er so gut, dass er sie zu seinem Bekanntenkreis zählen würde. Die Grösse dieses Kreises einzuschätzen, ist nicht einfach. Recht gut gelingt das aber mit sogenannten «Kleine-Welt-Experimenten». Der Name geht auf die Entdeckung zurück, dass die Übermittlung einer Nachricht an eine zufällig ausgewählte Person irgendwo auf der Welt über eine Rehe persönlicher Kontakte im Regelfall nur sechs Zwischenstationen erfordert. Wenn 150 Menschen jeder wiederum 150 Menschen kennt, ist man nach sechs Schritten bei 1506 oder ungefähr 10 000 Milliarden Personen. […]

Insgesamt lassen die Befunde darauf schliessen, dass es innerhalb der menschlichen Gesellschaft eine natürliche Gruppengrösse von etwa 150 Personen gibt. Diese Gruppen […] sind eine Folge der Tatsache, dass das menschliche Gehirn zu jedem Zeitpunkt nur eine begrenzte Zahl von Beziehungen mit einer bestimmten Stärke aufrechterhalten kann. Offenbar können wir höchstens mit 150 Personen eine echte zwischenmenschliche Beziehung in dem Sinn haben, dass wir wissen, wer sie sind und wie sie zu uns stehen. Oder anders ausgedrückt: Es ist die Zahl der Menschen, mit denen man ohne Verlegenheit ein Glas trinken kann, wenn man sie in einer Kneipe zufällig trifft.”

Auszüge aus: Robin Dunbar, Klatsch und Tratsch. Wie der Mensch zur Sprache fand, München: Bertelsmann, 1998, S. 92, 96, 101.

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FCAC Genève

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